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Interview "All about Retriever"

Interview "All about Retriever"

Hunde sind der rote Faden in meinem Leben!“
Norma’s Liebe gilt den Golden Retrievern aus englischen und schottischen Field Trial Linien. Neben einer guten Gesundheit und dem ausgeglichenen Wesen legt sie besonderen Wert auf Eigenschaften, die ein guter Jagdgebrauchshund unbedingt benötigt, wie „nose“, „style“, „natural game finding ability“, „good temperament“ und „will to please“.
Ihre große Leidenschaft für die Hundeausbildung entwickelte sich zur Berufung und im Laufe der Jahre zum Beruf. Sie trainiert ihre eigene Hunde regelmäßig, hilft anderen Hundeführern, ihre Hunde zu verstehen, schreibt Ausbildungsbücher über Retrieverarbeit.

Wir trafen uns mit Norma Zvolsky zu einem Gespräch, das sich rum um die Retriever drehte:

Wie hat bei dir die Leidenschaft angefangen, Hunde auszubilden?
Hunde haben mich mein ganzes Leben begleitet, abgesehen von anderen Tieren wie Meerschweinchen, Hamster, und diverse Vögel. Bald begann ich unseren Familienhunden kleine Kunststücke und Tricks beizubringen. Mit meinen ersten eigenen Hunden, einem Blauschimmel-Cockerspaniel und einem Irish Setter, kam dann auch das Bedürfnis diese auszubilden – allerdings zunächst nur für den Alltagsbedarf.

Wurde dein Interesse an der Retrieverarbeit durch einen bestimmten Hund geweckt?
1991 kaufte ich meinen ersten Retriever, den Flatrüden „Mavisflight A Nick Nack“ (genannt Merlin). Merlins Züchterin, Sybille Radtke, weckte mein Interesse an der Retrieverarbeit und begleitete meine ersten Schritte. Wenn sie zum Welpentreffen einlud, hatte sie immer einen dänischen Ausbilder eingeladen, der mit uns und unseren Hunden arbeitete. Zudem hatte ich das Glück in den richtigen Kreisen der zu dieser Zeit noch sehr kleinen Retrieverwelt zu landen. Damals war es nicht wie heute, dass Seminare und Trainingstage in der Clubzeitung ausgeschrieben wurden, diese Aktivitäten wurden privat organisiert, man musste eingeladen werden oder über Mundpropaganda davon erfahren.

Gibt es einen bestimmten Hund, der dein Leben ganz deutlich beeinflusst hat?
Merlin bildete ich nach meinen damaligen Möglichkeiten aus und machte meine ersten Erfahrungen mit ihm in der Retriever-Prüfungswelt. Ich startete ihn auf zu dieser Zeit noch selten angebotenen Working Tests, dem 3. IWT, dem 1. German Cup, absolvierte die BLP und ebenso die Dr. Heraeus-Gedächtnisprüfung. Da Merlin nicht immer leise bei der Arbeit war, schaute ich mich alsbald nach einem weiteren Flat um. Vermittelt durch Verena Ommerli importierte ich 1993 den sechs Monate alten Flatrüden „Trioaks Hamish“ aus England, gezüchtet von Sam und Judy Seal. Ich nannte ihn „Cabal“, es war ein toller Hund, dessen Ausbildung wie von selbst zu gehen schien. Unsere Zeit miteinander war furchtbar kurz, denn ich musste ihn mit nur 1,5 Jahren wegen Krebs einschläfern lassen. Judy Seal vermittelte mir daraufhin aus den gleichen Linien den Flatwelpen „Tanners Lancelot“ den ich Dragon nannte. Fast zeitgleich kaufte mein Mann bei Beate und Gereon Ting einen Golden Rüden aus englischer und schottischer FT-Linie, „Romney‘s Inchmichael“, genannt Jack. Es zeichnete sich bald ab, dass mir Jack, der Golden, viel besser lag als „Dragon“. Jack war mein Idealhund schlechthin – temperamentvoll, leicht auszubilden, ein Hund mit Jagdverstand und einer ausgezeichneten Nase. Es war einfach herrlich ihm bei der Arbeit zuzusehen! Jack machte nur Spaß, auch wenn ich damals aus Unwissenheit sicherlich nicht alles richtig machte.
Mit Jack besuchte ich viele Seminare bei den unterschiedlichsten Trainern, absolvierte unzählige in- und ausländische Workingtests, Cold Game Test, ebenso IWTs, German Cups, fast alle deutsche Jagdprüfungen und ebenso meine ersten Field Trials. Wir reisten dabei durch viele Länder Europas, machten zusammen viele Erfahrungen, mit ihm verbinde ich viele unvergessene Erlebnisse. Sicherlich habe ich mit Jack und durch ihn das meiste gelernt, so dass er ein sehr wichtiger Hund in meinem Leben war, aber ebenso haben alle anderen Hunde die davor und danach bei mir lebten, einen bedeutenden Anteil an meinem Lebensweg, meiner Einstellung zur Zucht und an meiner Ausbildungsphilosophie.

Warum bist du beim Golden Retriever „geblieben“? Warum gefällt dir gerade der Field Trial Golden aus englischen und schottischen Linien?
Ursprünglich mochte ich das lange Fell des Flatcoated und des Golden Retrievers und das gefällt mir heute noch. Inzwischen ist jedoch mein Interesse an der Arbeit mit dem Retriever unvergleichlich gestiegen und deshalb veränderte sich auch mein Anspruch an die Arbeitsqualität meiner Hunde. Aktuell wünsche ich mir Hunde, die gleichermaßen auf der Jagd und auch auf Prüfungen geführt werden können.
Ein Retriever muss nach meiner Vorstellung, neben dem angeborenem Jagdverstand, der sehr guten Nase, dem Style und einem freundlichen Wesen, ein hohes Maß an „will to please“ mitbringen. Unter „will to please“, verstehe ich die „angeborene Bereitschaft zur Zusammenarbeit“ gepaart mit „leichter Trainierbarkeit“. Neben diesen Eigenschaften muss ein Retriever aber auch temperamentvoll sein, hohe Nervenstärke, Frustrationstoleranz und Geländehärte besitzen. Er muss schnell und zügig arbeiten können, ohne dabei nervös, zappelig oder unruhig zu sein. Der ideale Jagdhund ist für mich ein aufmerksamer, intelligenter, temperamentvoller, aber in sich ruhender ausgeglichener Hund.
Den von mir bevorzugten Typ Hund finde ich aktuell beim Golden Retriever aus englischen und schottischen Arbeitslinien. Dies bedeutet allerdings nicht, dass alle Hunde die dort gezüchtet werden, meinem Typ Hund entsprechen. Auch bei diesen Linien muss ich genau hinschauen, genau auswählen, damit ich finde, was mir gefällt.
Bei den Flats und auch bei Goldens aus amerikanischen FT Linien habe ich die von mir gesuchten Eigenschaften noch nicht in der von mir präferierten Kombination gefunden, deshalb durchforste ich weiterhin die englischen und schottischen Linien.

Was ist für dich bei der Ausbildung am wichtigsten, wo bist du bereit Kompromisse einzugehen? Wo beim Hund? Wo beim Menschen?
Bei meinen Hunden ist es mein persönliches Ziel, im Laufe der Ausbildung aus einem Welpen einen Jagdhund zu formen, der auf der einen Seite gehorsam das erledigt was ich von ihm erwarte, auf der anderen Seite aber selbständig ist und mit Jagdverstand arbeitet, also in der Lage ist, eigenständig Entscheidungen zu treffen, die dem gemeinsamen Ziel dienlich sind. Ich kann nicht sagen, dass ich bei der Ausbildung Kompromisse eingehe, denn ich versuche immer mein Ausbildungsziel zu erreichen. Ich wähle jedoch bei jedem Hund den für dieses Individuum passenden Weg, sodass sich sicherlich die jeweiligen Ausbildungswege verschiedener Hunde voneinander unterscheiden, was aber nicht damit gleichzusetzen ist, dass ich Kompromisse eingehe. In der Verbindung Mensch Hund muss der Mensch als das intelligentere Lebewesen den Ausbildungsweg und die Ausbildungshilfen so auswählen, dass der Hund in der Lage ist, das Ziel zu verstehen und umzusetzen. Mit jedem Hund verändert sich daher mein Ausbildungsweg, jeder Hund erweitert meinen Horizont, von jedem Hund lerne ich etwas dazu.

Was fällt dir zum Thema „höher, schneller, weiter“ ein?
Was treibt einen Menschen dazu, immer schneller, besser, perfekter, weiter sein zu wollen? Allein der menschliche Ehrgeiz. Ehrgeiz an sich ist nicht negativ zu sehen, wenn er als das Bestreben etwas Bestimmtes erreichen zu wollen und dieses Ziel mit Fleiß und Eifer anzustreben, definiert wird. Allerdings mit der Einschränkung, dass dieser Ehrgeiz angemessen ist und niemanden überfordert oder übervorteilt. Im vorliegenden Zusammenhang würde ich sagen, dass der Hundeführer dem Lebewesen Hund die Zeit einräumt, die dieses braucht, um sich entwickeln zu können, seine natürlichen Anlagen zu entfalten, und ein selbstbewusstes Lebewesen zu werden.
Leider kann man in den letzten Jahren immer öfter beobachten, dass so mancher Ehrgeiz ein ethisch vertretbares Maß übersteigt. Jungen Hunden wird nicht mehr der Freiraum eingeräumt, um individuelle Persönlichkeit und Charakter entwickeln zu können. Dem jungen Hund wird stattdessen schon sehr früh absoluter Gehorsam abverlangt. Dieser vollständige Gehorsam überdeckt dann oftmals die natürlichen Anlagen des Hundes bzw. lässt gar nicht zu, dass sich diese entfalten können. Man schafft einen funktionierenden Befehlsempfänger, der bei Prüfungen, die schwerpunktmäßig auf Gehorsam ausgelegt sind, ansehnliche Erfolge verzeichnen kann. Wird dem Hund hingegen bei Prüfungen mit mehr jagdlich orientierter Ausrichtung Eigenständigkeit und Jagdverstand abverlangt, sieht man diesen oftmals versagen, weil der Hund selbständiges Arbeiten nicht gewöhnt ist. Ausbildung eines Hundes mit einer Überbetonung des absoluten Gehorsams ist für mich gleichbedeutend mit der Entmündigung des Lebewesens: es wird seiner individuellen Persönlichkeit beraubt und dazu missbraucht, übersteigerten persönlichen Ehrgeiz zu befriedigen.
Nach meiner Ansicht muss man bei der Ausbildung des Hundes die Waage zwischen Selbständigkeit und Gehorsam halten, was sicherlich nicht einfach ist. Leider wird die eben aufgezeigte negative Entwicklung durch die Art und Weise, wie sportlich orientierte Prüfungen aktuell leider oft durchgeführt werden, unterstützt und gefördert.

Warum fährst du mit deinen eigenen Hunden zur Prüfungen und welche Prüfungen bevorzugst du?
Ich fahre gerne auf Prüfungen, weil sie eine ideale Möglichkeit bieten, den Leistungsstand des Hundes zu überprüfen und auf Leistungs- und Trainingsdefizite aufmerksam zu werden. Zudem haben Prüfungen eine attraktive soziale Komponente, man trifft immer nette Leute, die man lange schon nicht mehr gesprochen oder gesehen hat!
Ich mag Prüfungen, die sich stark an den jagdlichen Erfordernissen orientieren, wie Field Trials, Mock Trials und ausgesuchte Working Tests. Working Tests werden leider immer technischer und die Aufgaben immer abstrakter und somit weniger jagdlich orientiert. Eine Entwicklung, die ich in den letzten Jahren mit Bedauern zur Kenntnis nehme. Ich suche deshalb sehr genau aus, wo und bei welchen Richtern ich Working Test melde! Hoffentlich geht diese Entwicklung nicht so weiter!
Für mich ist es wichtig, die Hunde, die ich in die Zucht nehmen will, auch auf warmes Wild zu arbeiten. Ich favorisiere deshalb Field Trials. Nur „the real thing“ stellt die Hunde auf die absolute Probe – Mock Trials und Working Tests sind eben nur eine mehr oder weniger gute Simulation einer Jagd. Nur in der realen Situation erhalte ich ausreichend Informationen über das Nervenkostüm, den Charakter, die Belastbarkeit und die natürliche Ruhe des Hundes. Ebenso sehe ich nur in diesem Kontext in einer unverfälschten Weise den angeborenen Arbeitsstil, den Finderwillen und die Schnelligkeit. Auch treten unerwünschte Eigenschaften wie Winseln, Unruhe, Nervenschwäche dort deutlich zutage.
Alles im Leben hat seine zwei Seiten – wo viel Sonne ist, ist auch viel Schatten!
Als ich mich 2007 als Trainerin selbstständig machte, habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht. Ich habe nun das Vergnügen jeden Tag (und das meine ich wörtlich), das zu tun, was mir viel Spaß und Freude bereitet! Leider gibt es auch einen gravierenden Nachteil! Ich habe einfach für meine Hunde nicht mehr so viel Zeit wie vorher. Die Teilnahme an Prüfungen muss ich anhand meines Terminkalenders schon Monate im Voraus planen, denn die Prüfungen werden ebenso wie meine Seminare nur an Wochenenden abgehalten. Training und Prüfungsteilnahme mit den eigenen Hunden geht deshalb bedauerlicherweise aktuell nur nebenher.

Wo ist deiner Meinung nach Vorteil / Nachteil, einen psychisch harten Hund auszubilden und führen… und einen psychisch weichen? Was bedeutet für mich psychisch hart bzw. weich?
Ein psychisch weicher Hund ist schnell beeindruckbar, d.h. aufgeschlossen, Korrektur anzunehmen. Ein Hund, der ebenso auf ruhige verbale Korrektur wie auf Leinenimpulse reagiert. Hierbei denke ich eher an eine ruhige, gut nuancierte Stimme, als an lautes Geschrei, und auch eher an einen leichten richtungsweisenden Impuls mit der Leine, als an einen starken Ruck. Ein Hund, der sensibel reagiert, ohne dabei ängstlich oder zu unterwürfig zu sein. Gleichzusetzen ist psychische Weichheit für mich mit leichter Trainierbarkeit. Bedingt durch Ihre sensible Auffassungsgabe brauchen psychisch weiche Hunde allerdings länger, um selbstbewusste Tiere zu werden. Um ihre Persönlichkeit, um ihren Charakter entwickeln zu können, muss man ihnen genügend Zeit geben, erwachsen zu werden. Bei diesem Typ Hund ist ein Ausbilder gefragt, der ihnen diese Zeit einräumt und ihnen sehr genau erklärt, was er möchte, Training sehr gut aufbaut und dabei ruhig und besonnen agiert.
Ein psychisch härterer Hund kann nicht so leicht beeindruckt werden. In der Regel sind diese Hunde schon sehr jung selbstsichere und eigenständige Persönlichkeiten mit einem ausgereiften Charakter. Dadurch sind sie auch schon im jugendlichen Alter belastbar und ertragen auch schon mal ein schärferes Wort oder eine augenfälligere negative Einwirkung. Leider ist dieser Typ Hund sich häufig selbst genug, seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit, zur Teamarbeit, ist weniger stark ausgebildet. Bedingt durch seine geringe Unterordnungsbereitschaft muss man diesen Hund schon sehr früh zum absoluten Gehorsam erziehen, also zu einer Zeit, zu der man ihn überhaupt noch beeindrucken kann. Wenn man diese Gehorsamsausbildung nicht sehr gewissenhaft und mit Weitblick durchführt, geschieht es schnell, dass der absolute Gehorsam die natürlichen Anlagen des Hundes überlagert – man schafft so einen arbeitenden „Soldaten“. Bei diesem Typ Hund ist ein Ausbilder gefragt, der sehr konsequent und geradlinig, aber mit Weitblick für die Anforderungen des späteren Arbeitseinsatzes einen Weg vorgibt und durchhält.
Ich bevorzuge den weicheren sensibleren Typ Hund. Mir macht es einfach mehr Spaß, fein und mit Gefühl aufzubauen und auf diese Weise langsam den Hund zu dem Begleiter, Jagd- und Prüfungshund zu formen, den ich mir vorstelle.

Gibt es Retriever ohne „will to please“? Wie sieht es heutzutage mit seinem Wesen aus?
„Will to please“, ist für mich einerseits die „angeborene Bereitschaft zur Zusammenarbeit“ gepaart mit „leichter Trainierbarkeit“, also Kooperations- und Teamfähigkeit. Meiner Ansicht nach wird über „will to please“ viel zu viel von Menschen geredet, die noch nie erlebt haben, was es ist. Nur weil man einem Hund etwas beibringen kann, bedeutet das noch lange nicht, dass er „will to please“ hat.
Nach meinen Erfahrungen als Seminarleiterin und Ausbilderin geht leider besonders der „will to please“ immer mehr verloren. Häufig werden Tiere von ihren Züchtern als leicht erziehbare, ideale Familienhunde bezeichnet (so wie es auch in der gängigen Literatur beschrieben steht) doch stellen sie sich später als wenig rezeptiv und nur schwer erziehbar heraus. Als Ausbilder erlebe ich zahlreiche Menschen mit diesen Hunden; nicht selten zweifeln sie an Ihrer persönlichen Qualität als Hundehalter und Ausbilder. Häufig ist das Problem jedoch nicht ihr Unvermögen, sondern eben ein schwer erziehbarer, eigensinniger Hund. Oftmals sind die Menschen entmutigt und müssen erst wieder aufgerichtet und in Ihrem Tun bestätigt werden.
Einige dieser Menschen durfte ich bei der Auswahl eines weiteren Hundes beraten. Diese Menschen kamen Monate oder Jahre später mit ihrem neuen Golden, Flat oder Lab zu mir und bedankten sich im Nachhinein für die damalige Beratung mit zumeist denselben Worten – „Ich wusste gar nicht, wie schön es mit einem Hund sein kann und wie einfach Hunde zu erziehen sind. Jetzt erst kann ich nachvollziehen, was mit „will to please“ gemeint ist. Wie schwierig es mit meinem anderen Hund war, kann ich nun abschätzen, ich dachte früher, ein Retriever muss so sein und habe das Problem bei mir anstatt in der Zucht gesucht!“
Damit ich nicht falsch verstanden werde. Ich polarisiere hier nicht zwischen Show- und Arbeitslinie sondern zwischen Hunden, die sehr viel und wenig bzw. keine „Bereitschaft zur Zusammenarbeit“ haben (will to please). Man findet beides in beiden Zuchtrichtungen.

Was fällt dir spontan zu dem umfangreichen Thema Gesundheit ein? Worin siehst du die Chancen aber auch die Gefahren?
Ich finde es sehr gut, dass es immer neue Möglichkeiten gibt, die Gesundheit und auch den genetischen Hintergrund des Zuchthundes zu überprüfen. Diese Möglichkeiten sollten unbedingt ausgeschöpft und bei der Auswahl der Zuchttiere beachtet werden. Jedoch sehe ich die Gefahr, dass bei der Zuchtauswahl zu stark auf diese messbaren gesundheitlichen Merkmale abgestellt wird und diese in den Vordergrund treten.
Für mich wird die Besonderheit jedes Lebewesens aus der Gesamtheit der verschiedener Teilstücke gebildet: das Aussehen bestimmt den optischen Eindruck, die Gesundheit bestimmt die Leistungsfähigkeit, das Wesen bestimmt den Charakter, die Begabung das Arbeitsvermögen. Es ist das Gesamtpaket, das ein Individuum ausmacht! Deshalb sollte man bei der Zucht auch alle diese Details beachten. Sicherlich gibt es hierbei einen Spielraum, dem nach oben wenige Grenzen gesetzt sind, doch gibt es kein Optimum, denn den perfekten Hund gibt es glücklicherweise nicht.
Gut zu züchten ist eine Kunst, die man nicht lernen oder errechnen kann. Zucht hat für mich mit Erfahrung, guter Beobachtungsgabe und entsprechendem Umsetzungsvermögen, sowie mit Intuition zu tun.

Was hat sich für dich in den letzten Jahren geändert – in der Ausbildung, in der Zucht?
Zum positiven, aber auch zum Negativen…
In den letzten 10 Jahren hat sich bei der Ausbildung der Hunde eine Menge getan, die Qualität und auch die Anzahl der sehr gut ausgebildeten Hunde ist enorm gestiegen. Die Anzahl der Trainer ist ebenfalls angestiegen. Einige vermitteln das Training noch so wie früher über komplexe Aufgaben und versuchen über Versuch und Irrtum den Hund auf ein gewisses Niveau zu bringen. Trainer, die ein technisch intelligentes und gut strukturiert aufgebautes Training von Verhaltensdetails anbieten, gibt es glücklicherweise auch immer mehr. Sehr junge Hunde werden schon gezielt auf die Anforderungen der Prüfungen vorbereitet und erreichen immer früher und immer schnell einen sehr guten Trainingsstand. Hier sehe ich allerdings die bereits erwähnte Gefahr der Überforderung in einem Alter, das der Entwicklungsförderung vorbehalten bleiben sollte.
Gleichzeitig mit der verbesserten Ausbildung hat sich auch in der Zucht viel getan. Es werden von immer mehr Züchtern immer mehr Hunde mit einem sehr guten Leistungspotenzial gezüchtet. Es gibt jede Menge sehr gut veranlagter Welpen, manchmal frage ich mich allerdings, für wen? Gibt es denn auch entsprechende viele Käufer, die mit Ihren Hunden arbeiten möchten und wenn ja, gibt es genug Ausbildungsplätze mit Trainern, die diese Käufer an der Hand nehmen und sorgsam durch die einzelnen Ausbildungsschritte führen?
Leider sehe ich ein enormes Ungleichgewicht. Ambitionierte Hundeführer mit guten Hunden, die leider an fachlich zu wenig versierte Trainer gekommen sind; oder die doch an einen falschen Hund geraten sind, da der Unterschied der verschiedenen Zuchtrichtungen dem potentiellen Käufer nicht dargelegt wurde, was manchmal sogar der Unwissenheit der Züchter geschuldet ist. Verschiedene Zuchtrichtungen haben wir zu Hauf, da geht es nicht nur um die Unterscheidung zwischen Show und Arbeit. Dann wieder sehe ich Hundeführer, die zwei linke Hände für Hundeausbildung haben, und von dem tollen Hund an ihrer Leine leider total überfordert sind, sodass das Zusammenleben für beide nicht erfreulich ist.
Die Zahl derjenigen, bei denen zufällig alles passt, steigt natürlich ebenfalls enorm, aber steht diese Gruppe zahlenmäßig in einem proportional guten Verhältnis zu jener Anzahl von Hundeführern, bei denen es nicht so gut läuft, aus welchen Gründen auch immer?

Gibt es etwas, was du dir für die Zukunft wünschst?
Ja! Für den Retriever wünsche ich mir, dass er als aufmerksamer, intelligenter, temperamentvoller, und trotzdem in sich ruhender, ausgeglichener Jagdhund, der leicht zu trainieren ist, erhalten bleibt!

Danke für das Interview… und noch was zum Schluss: Gibt es ein Geheimnis für deinen Erfolg?
Gerne! Es ist ganz einfach: „Nicht zu viel erwarten, in schwierigen Situationen kreativ sein und sich selbst und seinen Ansichten treu bleiben!“

Impressum

Wir bedanken uns bei Norma Zvolsky Golden Retriever Kennel “Duckflight” Stromberg – Deutschland www.fit4dogs.de

Fragen: Christiane Stricker, Nele Dageförde, Jarka Svenka
Fotos: Norma Zvolsky
Urheberrecht: Das Interview wurde exclusiv für die Info-Seite All about Retriever gegeben und ist urheberrechtlich geschützt. Ohne ausdrückliche vorherige schriftliche Genehmigung ist es nicht gestattet, diese Fotos und diesen Text oder ihre Teile zu reproduzieren, durch elektronische Speichermedien zu verbreiten oder zu verarbeiten. Personen, die Inhalte dieser Seite ohne Genehmigung veröffentlichen, werden kostenpflichtig abgemahnt und angezeigt.